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14.07.2020

„Es braucht echte Hilfe für die Gemeinden"

„Gemeindehilfspakete von Bund und Land werden nicht ankommen“, befürchtet die SPÖ und präsentiert ihren Alternativvorschlag, der 250 Euro Soforthilfe pro Einwohner für die Gemeinden vorsieht.

Die Corona-Krise hat den Gemeinden die Füße unter dem Boden weggezogen – viele sind durch Entfall von Kommunalsteuern schwer getroffen, dazu kommen seit Juni noch die sinkenden Ertragsanteile, die bei vielen Gemeinden, statt des Plus des Vorjahres ein Minus aufweisen. „Zwei Milliarden Euro fehlen den österreichischen Kommunen dadurch. Gleichzeitig sind die Gemeinden für Kinderbetreuung, Rettungs- und Feuerwehrwesen, Schulerhaltung, Spitalsfinanzierung, Abwasserent- und Wasserversorgung sowie für viele weitere wichtige Aufgaben zuständig – Leistungen, die für die BürgerInnen aufrechterhalten werden sollen“, umreißt Abg.z.NR Bgm. Andreas Kollross das Problem.

Anstatt 30.000 Euro an Ertragsanteilen wie im Vorjahr zu bekommen, stand auf der Abrechnung im Juni 2020 sogar ein Minus von rund 2.700 Euro“, gießt Alfred Artmäuer, Bürgermeister von Günselsdorf, die Situation in Zahlen. Trumau ist sogar bei minus 7.000 Euro, aber auch alle anderen Kommunen kämpfen mit massiven Verlusten.

Gemeinden und Städte sind wichtiger Wirtschaftsmotor

Wie weitreichend das Problem der Gemeinden ist, verdeutlicht LH-Stv. Franz Schnabl: „Die Gemeinden sind der größte regionale Arbeit- und Auftraggeber und sichern damit auch eine Vielzahl an Arbeitsplätzen, denn das Schicksal lokaler und regionaler Handwerksbetriebe und der Bauwirtschaft ist eng mit der Finanzkraft der Kommunen verwoben.“

Die Konsequenz zeigt sich deutlich an den Beispielgemeinden Günselsdorf und Trumau, die bei Aufträgen auf die Bremse steigen. Trumau wollte auf LED-Beleuchtung umrüsten, dies habe man gestoppt, weil die volle Summe nicht vorfinanziert werden könne. Artmäuer berichtet von einem dringend notwendig Traktorankauf, der verschoben werden muss. Stattdessen werde an dem alten Fahrzeug teuer weiter repariert, was zwar unwirtschaftlich sei aber eine Neuanschaffung traue sich die Gemeinde derzeit nicht zu. Im nächsten Jahr müsse ein großes Fahrzeug für die Freiwillige Feuerwehr um mehrere hunderttausend Euro angekauft werden, aber auch hier wisse man nicht, wie man das bei derartigen Einnahmenverlusten, die in den nächsten Monaten nicht besser werden, bewerkstelligen soll.

SPÖ schlägt 250 Euro pro EinwohnerIn als Soforthilfe vor

„Daher ist es für uns von so zentraler Bedeutung den österreichischen Gemeinden rasche Hilfe zuteilwerden zu lassen,“ wirft Kollross ein und skizziert den Vorschlag, den die SPÖ im Parlament eingebracht hat: „250 Euro pro HauptwohnsitzerIn als Soforthilfe, nicht an spezifische Projekte gebunden. Das sind rund 2,2 Milliarden, die bis Ende August auf den Konten der Gemeinden sein könnten. Dazu noch ein jährliches Investitionspaket von 500 Mio. Euro, um die Wirtschaft anzukurbeln.“

Dreimal sei der SPÖ-Antrag im Parlament abgeschmettert worden, stattdessen habe die Bundesregierung eine Fördermilliarde als Hilfspaket auf den Weg geschickt. „Nicht nur, dass eine Milliarde den Verlust von zwei Milliarden nicht ausgleichen kann, ist die Förderung als Kofinanzierungsmittel gedacht, d.h., dass maximal 50 Prozent eines Projekts gefördert werden und, was noch erschwerend hinzukommt, die komplette Summe muss von der Gemeinde vorfinanziert werden“, ärgern sich die SPÖ Vertreter, die wissen, dass viele der Gemeinden ein Liquiditätsproblem haben.

Eine Gemeinde, die vielleicht nicht weiß, ob sie morgen die Gehälter der Gemeindebediensteten noch zahlen kann, wird kaum ein Großprojekt in Angriff nehmen können, um sich Monate später die Hälfte davon wieder zurückzuholen“, geben die beiden Bürgermeister, Kollross und Artmäuer, zu bedenken.

Schnabl: „NÖ Hilfspaket ist eine Mogelpackung“

Auch dem kürzlich vom Landtag verabschiedeten niederösterreichischen Hilfspaket wird kein gutes Zeugnis ausgestellt: „Von den angekündigten 836,5 Mio. Euro bleiben bestenfalls Hilfsmittel von 45,5 Mio. Euro übrig. Alles andere setzt sich aus Projekten zusammen, die ebenfalls Kofinanzierung bedürfen, bzw. aus Kreditstundungen, die die Krise nur auf einen späteren Zeitpunkt verschieben aber nicht lösen. Und dann werden da gleich noch die Bedarfszuweisungen mit eingerechnet – wohlgemerkt Gelder, die ohnehin den Gemeinden gehören und lediglich gerecht aufgeteilte Durchlaufposten sein sollten. Das ist eine Mogelpackung“, ist SPÖ-Landesparteivorsitzender Franz Schnabl verärgert und meint abschließend: „Wenn man den Gemeinden nicht effektiver hilft, werden die kommunale Infrastruktur und die Finanzkraft der Gemeinden leiden. Im Herbst werden wir eine Pleite- und Arbeitslosenwelle erleben und auch die BürgerInnen werden es zu spüren bekommen.“