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27.07.2023

1 Gemeinde 1 Bankomat! Menschen haben Recht auf ihr eigenes Bargeld!

Banken hatten mal einen Versorgungsauftrag – immer öfter reine Geschäftemacherei.

  • In immer mehr Gemeinden sperren Filialen und Bankomaten zu oder sind schon längst weg. 2021 waren schon 317 Gemeinden ohne Bankomat - Tendenz steigend. Insgesamt nach Expert:innenschätzung schon 450 Gemeinden ohne Bankomat bzw. nur gegen Bezahlung.
  • Eine exklusive und frische Umfrage des GVV, an der sich über 800 Bürgermeister:innen und Gemeindefunktionär:innen beteiligt haben, bestätigt: das Thema bewegt vor Ort enorm und betrifft immer mehr Gemeinden. Ein Voranschreiten des Aussterbens des ländlichen Raums wird befürchtet.
  • Bankomatenbetreiber flattern teilweise mit Gebührenerhöhungen für Gemeinden um bis zu +771% (!) ins Haus.
  • Menschen haben Recht auf ihr eigenes Bargeld und zwar ohne, dass sie dafür kilometerweit fahren müssen.
  • SPÖ fordert mindestens einen Bankomaten in jeder Gemeinde. Dazu sollen Banken verpflichtet werden.


Haben Banken einen Versorgungsauftrag? Eine Frage, die immerhin die SPÖ klar bejaht.

Banken sehen sich mehr als Institute, die nichts als Gewinne machen wollen. Was einem Versorgungsauftrag dient, aber der Bank kein Geld bringt, wird eingestellt. Immer öfter soll die öffentliche Hand in ländlichen Gemeinden mittlerweile dafür bezahlen, dass Banken diesem Versorgungsauftrag auch künftig noch nachkommen. Immer obszöner werden dabei die Vorstellungen von Banken und Bankomatanbietern, wie das Beispiel der Gemeinde Kemeten im Burgenland zeigt. Statt bisher weniger als 3.500 €, hätte die Gemeinde des Bürgermeisters Wolfgang Koller in Zukunft satte 27.000 € pro Jahr zahlen sollen, damit der Betreiber in der Gemeinde den letzten Bankomaten weiterbetreibt.

"Es ist nicht nur unleistbar für immer mehr Gemeinden, es sollte nicht Aufgabe der Gemeinden sein, für die Bargeldversorgung der Bevölkerung sorgen zu müssen", so SP-Kommunalsprecher und Bürgermeister Andreas Kollross.

Die budgetäre Situation der Gemeinden ist ohnehin seit Jahren, spätestens seit Corona, höchst angespannt und verschärfte sich durch die Teuerung enorm. Gestiegene Energiekosten, explodierte Baukosten und vieles mehr. Der KDZ prognostizierte Jahr für Jahr neue Horrorzahlen über die prekäre Finanzsituation der Gemeinden.

Währenddessen macht der heimische Bankensektor Rekordgewinne. Im Vorjahr waren es 10,2 Milliarden Euro. Würde derselbe Sektor in jeder Gemeinde (rund 450 Gemeinden sind derzeit ohne Bankomat, oder müssen dafür bezahlen) einen Bankomaten aufstellen, wären das Kosten von rund 11 Millionen Euro. Also rund 0,1% des Gewinns. Die SPÖ will den Bankensektor zu diesem Versorgungsauftrag verpflichten, denn die Leute haben ein Recht auf ihr eigenes Bargeld.


Heimischer Bankensektor macht über 10 Mrd. Gewinn. Ein einziger Bankomat in jeder Gemeinde würde dem Bankensektor nur rund 11 Mio. mehr kosten. Das sind nur rund 0,1% des Gewinns des Sektors.


Aufgrund der steigenden Referenzzinsen der EZB haben viele Banken bei variablen Krediten in den letzten Monaten ihre Zinseinnahmen aus diesem Bereich vervielfachen können.

Die Zinsen für Kredite – für Wohnbau bis zu Investitionskrediten – wurden rasch angehoben bzw. angepasst, die Einlagenzinsen für Sparerinnen und Sparer haben sich währenddessen kaum bewegt. Durch diesen „Spread“ entstehen bei vielen Banken gerade überdurchschnittlich hohe Gewinne.

Die Unicredit konnte beispielsweise ihren Quartalsgewinn im ersten Quartal 2023 um 653%(!) auf über 2 Mrd. € Überschuss steigern. Auch der Österreich-Teil der Bank (Bank Austria) hat im ersten Halbjahr 2023 ihren Gewinn im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt!

Der Gewinn des Bankensektors belief sich schon im Jahr 2022 (Quelle: OeNB) auf satte 10,2 Milliarden Euro. Heuer sind neue Rekordgewinne zu erwarten, wie man an der UniCredit bereits sehen kann.

Die Kosten der Banken für die Versorgung von entlegenen Regionen wären für den Bankensektor absolut überschaubar. Zurzeit gibt es etwa 450 Gemeinden entweder ganz ohne Bankomaten beziehungsweise lediglich mit einem Bankomaten auf eigene Gemeindekosten. Bei Kosten von rund 25.000 Euro pro Bankomat, wären das Kosten von insgesamt rund 11 Mio. € - das sind rund 0,1% der Gewinne des Bankensektors!

 

Ein Problem in ganz Österreich. Gemeinde-Beispiele aus den Bundesländern.

 

Burgenland:

Kemeten (~1.500 Einwohner:innen)

Anzahl Bankfiliale(n) in der Gemeinde: 0

Anzahl Bankomat(en) in der Gemeinde: 1

Kosten für die Gemeinde bisher: 3.500 €

Kosten für die Gemeinde künftig: 27.000 €. (+771%!)

 

Kärnten:

Kirchbach im Gailtal (~2.700 Einwohner:innen)

Anzahl Bankfilialen in der Gemeinde: 1

Anzahl Bankomat(en) in der Gemeinde: 1

Der Bürgermeister hat sich nach einer Fortbestandsgarantie der letzten Filiale und des letzten Bankomaten erkundigt und keine Zusage erhalten. Nicht einmal für drei weitere Jahre.

Bürgermeister Markus Salcher: „Bei uns am Land sperrt alles zu. Alles zieht in den urbanen Raum. Man darf sich nicht wundern, wenn der ländliche Raum stirbt.“

 

Oberösterreich:

Schlüßlberg (~ 3.015 Einwohner:innen)

Anzahl Bankfilialen in der Gemeinde: 0

Anzahl Bankomat(en) in der Gemeinde: 1 (Eurospar, nur zu Öffnungszeiten erreichbar)

Leistungen, die nunmehr die Gemeinde erbringen muss: Die Gemeinde hat ein Bargeldservice eingerichtet. Dort kann man – zu Gemeindeöffnungszeiten - bis zu 400 € „beheben“. Personalkosten bleiben freilich der Gemeinde.

Bürgermeister Klaus Höllerl: „Bei uns hat die Sparkasse 2019/2020 die Filiale in einer Nacht und Nebel-Aktion geschlossen. Entgegen einer entsprechenden Zusage, wurde auch der Bankomat abmontiert. Somit haben wir keinen Bankomaten mehr im Zentrum der Gemeinde. Es gibt nur noch einen in der gesamten Gemeinde. Beim Eurospar. Der ist aber auch nur zu den Öffnungszeiten erreichbar. Wir mussten daher am Gemeindeamt einen Bargeldservice einrichten, weil die Kosten für einen Bankomaten für die Gemeinde zu hoch gewesen wären. Das Bargeld kann bei uns aber leider auch nur zu den Öffnungszeiten der Gemeinde abgehoben werden.“


Steiermark:

Altenmarkt bei St. Gallen (~870 Einwohner:innen)

Anzahl Bankfilialen in der Gemeinde: 0

Anzahl Bankomat(en) in der Gemeinde: 1

Kosten, die die Gemeinde pro Jahr tragen muss: ~ 5.000 € (je nach Nichtbehebungen)

Vertragsdetails: Mindestens 2.300 Behebungen pro Monat, sonst Zahlung der Gemeinde von 4,5 Cent je „Nicht-Behebung“. Bei 870 Einwohner:innen muss/müsste jede:r Bürger:in ca. 3x/Monat bei diesem einen Bankomaten Geld beheben.

Bürgermeister Hannes Andrä: „Vor ca. acht Jahren hat unsere Raika-Zweigstelle sehr überraschend geschlossen. Nicht einmal den Geldautomaten haben sie uns gelassen! Wir mussten im Gemeinderat für unsere Bürger rasch handeln und haben uns einen Bankomaten von der BAWAG aufstellen lassen. Dieser Automat kostet uns jährlich um die 5000 € - je nach Nichtbehebungen. 5.400 Euro waren es von Jänner – Dezember 2022. Wir mussten spontan und müssen seither die Rolle und Aufgabe einer Bank auf unsere eigenen Kosten übernehmen. Frei nach dem Motto: Friss oder stirb. Denn: Mit allem, was du als Gemeinde wegtust, stirbt der Ort.“


Tirol:

Flaurling (~ 1.200 Einwohner:innen)

Anzahl Bankfilialen in der Gemeinde: 1

Anzahl Bankomat(en) in der Gemeinde: 1

Situation vor Ort: Bankfiliale lediglich ein „Automatenraum“. Kein Personal. Ständige Probleme (Papier leer, Gerät defekt, …). Nur 1x/Woche ist eine Person vor Ort und steht für Beratungen zur Verfügung.

Bürgermeisterin Brigitte Parxmarer: „Unsere Bankfiliale ist nur mehr ein Automatenraum und einmal die Woche kommt eine Dame und macht Beratungen. Für unsere Leute ist das ganz schlecht. Da kein Personal da ist, gibt es dauern Probleme. Der Bankomat ist oft defekt, das Papier leer oder Ähnliches. Für ältere Menschen ist das ein echtes Problem.“


Ergebnisse der Umfrage des GVV auf einen Blick


848 Gemeindefunktionär:innen haben an der Umfrage teilgenommen. Rund 12% der Befragten gaben an, in ihrer Gemeinde keinen Bankomaten mehr zu haben. 11,1 % der Befragten jener Gemeinden, in denen mindestens noch ein Bankomat vorhanden ist, gaben an, dass die Gemeinde für diesen, oder mehrere, zahlen muss.

Die Angaben bezüglich der Höhe, die im Jahr für den/die Bankomaten gezahlt werden muss, schwanken zwischen 180 Euro (niedrigster Wert) und 32.000 Euro (höchster Wert). [höchster Wert Gemeinde Landl in der Steiermark]

  • 28,5 % gaben an, dass in den vergangenen fünf Jahren in ihrer Gemeinde ein Bankomat weggekommen ist.
  • 30 % gaben an, dass es keine Bankfiliale in ihrer Stadt/Gemeinde gibt.
  • 45,8 % gaben an, dass in den vergangenen fünf Jahren zumindest eine Bankfiliale geschlossen hat. Hiervon gaben wiederum 47,5 % an, dass es im Ort jetzt keine mehr gibt.


SPÖ-Forderungen

 

Bargeldversorgungsgesetz:

o  Zumindest ein Bankomat in jeder Gemeinde

o  Verpflichtung der Banken zur Bargeldversorgung

o  Kosten werden vom Bankensektor getragen  

„Während der heimische Bankensektor Rekordgewinne von satten 10,2 Milliarden Euro macht, weigern sich die Banken immer öfter den Menschen am Land Bankomaten zur Verfügung zu stellen. In mittlerweile 450 Gemeinden gibt es keinen Bankomaten mehr. Die Leute kommen also nicht mehr zu ihrem Geld, dass sie auf der Bank liegen haben, ohne kilometerweit mit dem Auto fahren zu müssen. Banken haben einen Versorgungsauftrag. An den müssen wir sie erinnern! Wenn die heimischen Banken in jeder Gemeinde einen Bankomat aufstellen kostet sie das gerade mal 0,1% des Gewinns. Dazu wollen wir den Bankensektor verpflichten. Die Leute haben ein Recht auf ihr eigenes Bargeld!“, so Stellvertretender Klubobmann der SPÖ, Kommunalsprecher & GVV-Vorsitzender Andreas Kollross

„Bislang hatten wir einen Bankomatanbieter (PSA) wo wir ca. 3500 EUR im Jahr für den Bankomaten bezahlt haben. Dieser Vertrag wurde einseitig gekündigt und nun sollten wir für den gleichen Bankomaten rd. 27.000 EUR im Jahr bezahlen! Wie kommen wir als Gemeinde dazu?“, so Bürgermeister von Kemeten Wolfgang Koller